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Artenvielfalt fördern – Schöpfung bewahren – Gemeinsam aktiv werden

Kirchenland

Land, insbesondere landwirtschaftliche Nutzfläche, ist ein sehr wertvoller und endlicher Kapitalfaktor. Die Kirchen besitzen deutschlandweit mehrere tausend Hektar Land. Wie mit diesem Kirchenland umgegangen wird, steht heute zunehmend im Fokus der allgemeinen Aufmerksamkeit. Es wird stark diskutiert und unterschiedlich bewertet.

Unsere Gottesdienste finden vor allem in den Kirchen statt. Aber was passiert auf dem Kirchenland, das einst zur Versorgung und Ernährung der Pastor*innen diente? Diese kircheneigenen, meist landwirtschaftlich genutzten Flächen, die im Eigentum der Kirchengemeinden sind, werden meist an örtliche Landwirt*innen verpachtet. Die Entscheidung darüber, welche*r Landwirt*in das Land der Kirchengemeinde pachten und nutzen darf, trifft im Allgemeinen der Kirchengemeinderat. Auf welche Art und Weise es dann konkret bewirtschaftet wird, liegt in der Hand der Flächennutzer*innen - also der Landwirt*innen. Aber gibt die Kirche damit nicht auch die Verantwortung für ihr Land ab? Die Landwirtschaft steht heute vielen Herausforderungen gegenüber, wenn sie sozialen, ökonomischen sowie ökologischen Wert- und Zielvorstellungen gerecht werden, das heißt nachhaltig sein soll. Sollten sich die Kirchengemeinden dann nicht für den Umgang und die Bewirtschaftung ihrer Flächen interessieren und Vorgaben erarbeiten, um ihrer Verantwortung gerecht zu werden? Denn bei jeder Verpachtung wird über Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung auf Kirchenland neu entschieden.

Theologisch-kirchliche Aspekte

Geschichte des Kirchenlandes

Die heutigen kirchlichen Liegenschaften haben ihren Ursprung im frühen Mittelalter. Viele Prediger erhielten zu dieser Zeit Grundbesitz. Der Ertrag von diesem Grundbesitz diente - neben den Abgaben der Gemeindemitglieder - zur Sicherung seines Lebensunterhaltes sowie der Unterhaltung und Instandhaltung der kirchlichen Gebäude. Durch Schenkungen und Erbschaften, aber auch durch Zukäufe wurde das kirchliche Grundvermögen stets vermehrt. Im Jahre 1804 kam es durch den Reichsdeputationshauptschluss sowie zur Zeit des Nationalsozialismus zur erheblichen Minderung des kirchlichen Grundvermögens, jedoch regional sehr unterschiedlich.

Kirchenland heute

Laut EKD (Evangelische Kirche in Deutschland) verfügen die ca. 15.000 evangelischen Kirchengemeinden in Deutschland zusammen über einen Grundbesitz von ca. 325.000 Hektar an landwirtschaftlichem Grundbesitz und Wald. In der Nordkirche verfügen von den ca. 1.000 Kirchengemeinden mehr als 800 über insgesamt etwa 78.000 Hektar eigene Flächen. Diese Flächen sind Eigentum der jeweiligen Kirchengemeinden, die sich auch um die Verpachtung kümmern, das heißt sie suchen die Pächter*innen aus. Der Jahrhunderte alte Kirchengrundbesitz teilt sich hauptsächlich in Kirchenland und Pfarrland auf. Die Einnahmen, also Pachten, aus dem Pfarrland fließen nach Grundstückrechtsverordnung in die Pfarrkasse und sind zweckgebunden zur Besoldung und Versorgung der Pastor*innen. Die Pacht aus dem Kirchenland kommt den Kirchengemeinden zugute - zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs und der kirchlichen Bedürfnisse, z.B. zur Erhaltung der kirchlichen Bauwerke. Die Kirchengemeinden sind Körperschaften des öffentlichen Rechtes und haben somit nach sozio-ökonomischem Verständnis einen non-profit Charakter. Trotzdem sind sie gerade in der heutigen Zeit mit sinkenden Mitgliederzahlen dazu angehalten, ökonomische Erträge aus ihren Grundvermögen zu erwirtschaften, was sich immer mehr als Herausforderung erweist.

Verantwortung der Kirche

Der Boden ist eine natürliche Ressource, die es zu bewahren gilt. Laut Bibel soll er alle sieben Jahre ruhen, um sich zu regenerieren (3. Mose 25, 3f). Dieser Rat aus der Entstehungszeit der Bibel hat sich überholt, aber ist es noch mit christlichen Werten vereinbar, wenn dem Boden Jahr für Jahr Höchsterträge abverlangtwerden, ohne z.B. auf eine bodenschonende Fruchtfolge zu achten? Uns Menschen droht bei unermüdlicher Leistung der Burnout. Braucht auch der Boden mal wieder Ruhe?

Der Auftrag ist klar: Kirchen tragen große Verantwortung gegenüber der Schöpfung und den Mitgeschöpfen. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland tritt nach ihrer Verfassung (Art. 1 Abs. 7) für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung ein. Zudem hat die „Kammer der Evangelischen Kirche in Deutschland für nachhaltige Entwicklung“ 2015 - wie die Agenda 2030  mit ihren 17 Zielen der nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development Goals, kurz: SDGs) - argumentiert, dass in allen Ländern ein grundlegender Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft nötig ist, um zukünftig allen Menschen ein würdiges Leben zu ermöglichen.

Die Realität der heute weltweit praktizierten Landwirtschaft ist leider oftmals weit von dem entfernt, was „Bewahrung der Schöpfung“ bedeutet. Auch die Gerechtigkeit und damit die Voraussetzung für Frieden ist von dieser Form der Landwirtschaft mit ihren immer größer werdenden Agrarstrukturen bedroht. Denn geht es noch gerecht zu, wenn sich nur noch Großbetriebe den Zugang zu Land leisten können? Oder wenn die Art des Wirtschaftens hier die Landwirtschaft in anderen Teilen der Erde unrentabel macht und destruktiv wirkt (z.B. südamerikanischer Sojaanbau als Grundlage für Massentierhaltung in Ställen hierzulande)?

Muss dies alles nicht Grund genug sein, dass Kirchen bei der Vergabe ihres Pachtlandes vereantwortungsvoller vorgehen und verstärkt für die Bewahrung der Schöpfung, für Gerechtigkeit und damit letztendlich für Frieden einstehen?

Sechs Jahre sollst du dein Feld besäen, sechs Jahre sollst du deinen Weinberg beschneiden und seinen Ertrag ernten. Aber im siebten Jahr soll das Land eine vollständige Sabbatruhe für den HERRN halten: Dein Feld sollst du nicht besäen und deinen Weinberg nicht beschneiden.
3.Mose 25, 3 - 4