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Paludikultur

Paludikultur (lateinisch „palus“ = „Sumpf, Morast“) ist die land- und forstwirtschaftliche Nutzung nasser Hoch- und Niedermoore bei gleichzeitigem Erhalt des Torfkörpers - also Nutzung ohne Entwässerung. Der fossile Torf bleibt durch ganzjährig hohe Wasserstände erhalten und neuer Torf kann durch unterirdisch einwachsende Wurzeln und Rhizome gebildet werden.

Ein traditionelles Beispiel dafür ist der Anbau von Schilf für Dachreet. Neue innovative und nachhaltige Nutzungen sind etwa die energetische Verwertung von Schilf und Rohrkolben, die Nutzung von Röhrichten für neue Baustoffe oder die Kultivierung von Torfmoosen zur Nutzung als Torfersatz in Substraten für den Gartenbau.

Ökologische
Aspekte
Paludikultur als standortgerechte Alternative

Erhalt von Nutzflächen

Ist der Wasserstand ganzjährig nahe Flur, der Boden also wassergesättigt, zersetzt sich der Torf nicht und bleibt als Produktionsgrundlage erhalten. Die Entwässerung der Böden führt hingegen kontinuierlich zu Torfverlust und Bodendegradierung. In Mitteleuropa äußert sich entwässerungsbedingter „Moorschwund“ durch ein Absenken der Oberfläche von 1 bis 2cm pro Jahr.

Klimaschutz durch Torferhalt

Moore speichern weltweit mehr Kohlenstoff als Wälder. Das Entwässern von Mooren führt dazu, dass dieser Kohlenstoff in Form des Treibhausgases CO2 kontinuierlich freigesetzt wird. Dabei gilt: Je tiefer der Wasserstand ist, desto mehr CO2 wird ausgestoßen. Bei torferhaltenden, flurnahen Wasserständen wird der Torf als Kohlenstoffspeicher bewahrt und Emissionen werden deutlich gemindert.

Artenschutz durch Erhalt und Schaffung von Lebensräumen

Die in Mooren lebenden Pflanzen und Tiere sind an die dort herrschenden Bedingungen angepasst. Paludikulturflächen bieten Ersatzlebensräume für seltene Tier- (z.B. Kiebitz, Bekassine) und Pflanzenarten (z.B. Sumpf-Sellerie, Trollblume).

Nachhaltige Rohstoffgewinnung

Paludikultur ermöglicht eine Nutzung von Mooren bei Erhaltung des Torfs als Produktionsgrundlage. Das heißt, auch zukünftige Generationen können auf diesen Flächen wirtschaften. Rohstoffe aus Paludikultur sind nachwachsende Rohstoffe, die bei stofflicher Nutzung als Baustoff (z.B. Dachreet) Kohlenstoff konservieren und bei energetischer Nutzung als Brennstoff fossile Brennstoffe ersetzen. Somit trägt Paludikultur zum Klimaschutz bei.

Stärkung regionaler Wertschöpfung

Paludikultur sichert die langfristige Nutzung von Mooren als Produktionsstandorte. Sie schafft Einkommensalternativen, erhält die regionale Wertschöpfung und mindert die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen. Die Verwertung der Biomasse kann durch regionale Akteure und durch die vorhandene Infrastruktur (betrieblich, technisch und sozial) erfolgen. Eine Kooperation regionaler Betriebe kann eine Identifikation mit den lokalen Besonderheiten fördern (z.B. Ernte von Schilf und Nutzung als Dachreet in den Küstenregionen Norddeutschlands). Solche Wertschöpfungseffekte sind bei der stofflichen Verwertung am größten, da meist mehrere Verarbeitungsschritte nötig sind und höhere Marktpreise erzielt werden können.

Standorte für Paludikultur

Wiedervernässte Hoch- und Niedermoore weisen trotz starker Veränderung durch die Entwässerung unterschiedliche Standortbedingungen (z.B. Nährstoffverfügbarkeit) auf. Diese Bedingungen schränken die Auswahl kultivierbarer Pflanzenarten ein. Schilf, Rohrkolben und Erle eignen sich für den Anbau auf Niedermoorstandorten.  Torfmoos (Sphagnum) ist für Hochmoorstandorte geeignet.

Paludikultur und Naturschutz

Paludikultur ist insbesondere für bisher landwirtschaftlich genutzte, entwässerte und degradierte Flächen ohne Schutzstatus gedacht und soll nicht mit klassischen Naturschutzzielen konkurrieren. In Schutzgebieten haben weiterhin Naturschutzziele Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen einer Nutzung in Paludikultur.

Gewässerschutz durch Nährstoffrückhalt

Im Gegensatz zur herkömmlichen Landwirtschaft auf degradierten Mooren, bei der Torfmineralisation und Düngung zu Stickstoffeinträgen in angrenzende Gewässer führen, können nasse Moore in Paludikultur als Senken für Stickstoff wirken und damit die Gewässer entlasten.

Erhalt der Archivfunktion

Torf speichert Informationen über die Zeit, in der er gebildet wurde. Durch Pollenanalysen und die Untersuchung von im Torf vorhandenem, unzersetzten Pflanzenmaterial kann die Landschaftsgeschichte der letzten Jahrtausende rekonstruiert werden. Mit dem Erhalt des Torfkörpers wird auch seine Archivfunktion erhalten.

Quellen

[1]   Minsiterium für Landwirtschaft und Umwelt M-V ( 2017): Fachstrategie Paludikultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

[2]   Abel, S. et al. (2016): Diskussionspapier zur guten fachlichen Praxis der landwirtschaftlichen Moorbodennutzung. Telma 46: 155-174.

[3]   Behrendt, D. & Neitzke H.-P. (2016): Nachhaltige Landnutzung. In Wichtmann, W. Schröder, C. & Joosten, H (Hrsg.): Paludikultur – Bewirtschaftung nasser Moore. Klimaschutz − Biodiversität − regionale Wertschöpfung. Schweizerbart Science Publishers, Stuttgart, 272 p.

[4]   Bonn, A. et al. (2015): Klimaschutz durch Wiedervernässung von kohlenstoffreichen Böden (S. 124-147). In Hartje et al. (Hrsg.): Naturkapital Deutschland - TEEB DE. Naturkapital und Klimapolitik - Synergien und Konflikte. Technische Universität Berlin, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ. Berlin, Leipzig.

[5]   Holsten, T. (2016): Regionale Wertschöpfung. In Wichtmann, W. Schröder, C. & Joosten, H (Hrsg.): Paludikultur – Bewirtschaftung nasser Moore. Klimaschutz − Biodiversität − regionale Wertschöpfung. Schweizerbart Science Publishers, Stuttgart, 272 p.

[6]   Holsten, B.; Trepel, M. (2016): Nährstoffhaushalt und Gewässerschutz. In Wichtmann, W. Schröder, C. & Joosten, H (Hrsg.): Paludikultur – Bewirtschaftung nasser Moore. Klimaschutz − Biodiversität − regionale Wertschöpfung. Schweizerbart Science Publishers, Stuttgart, 272 p.

[7]   Wichtmann, W. & Joosten, H. (2007): Paludiculture: peat formation and renewable resources from rewetted peatlands. IMCG Newsletter 2007/3: 24-28.

[8]   Zeitz (2016): Niedermoornutzung in Nordostdeutschland. In Wichtmann, W. Schröder, C. &
Joosten, H (Hrsg.): Paludikultur – Bewirtschaftung nasser Moore. Klimaschutz − Biodiversität − regionale Wertschöpfung. Schweizerbart Science Publishers, Stuttgart, 272 p.

Downloads

Moore in Deutschland - Nutzung und Klimawirkung

Factsheet zum Thema Moore in Deutschland - Nutzung und Klimawirkung.
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Paludikultur - Nasse Bewirtschaftung von Mooren

Factsheet zum Thema Paludikultur - Nasse Bewirtschaftung von Mooren.
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Paludi-Biomasse - Verwertung von Niedermoorbiomasse

Factsheet zum Thema Paludi-Biomasse - Verwertung von Niedermoorbiomasse.
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Gute fachliche Praxis der Bewirtschaftung von Moorböden

von Dr. Wendelin Wichtmann et al. in Natur und Landschaft, Ausgabe 8:391, Aug. 2018
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Moore - mehr draus machen

Was können wiedervernässte Moore leisten? Wie kann mithilfe von Mooren Klimaschutz auf kommunaler Ebene umgesetzt werden? von Susanne Abel in Alternative Kommunalpolitik, Ausgabe 1/2019 (zur Verfügung gestellt mit freundlicher Genehmigung der Redaktion)
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Flyer Paludikultur – Landwirtschaft auf nassen Niedermooren


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Flyer Paludikultur Landwirtschaft auf nassen Hochmooren


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Handbuch zum Klimaschutzplan 2022 - 2027

Das Handbuch zum Klimaschutzplan der Nordkirche 2022 - 2027 schlägt klare Maßnahmen vor, die als Diskussionsgrundlage für eine klimafreundlichere Landwirtschaft dienen.
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Links

MoorWissen - Infoplattform zum Thema Moor und Klimaschutz

Das Greifswald Moor Centrum stellt auf dieser Seite sehr umfangreich Informationen zu den Themen Moore und Paludikultur bereit.
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Moorschutz – Umweltbundesamt

Auch das Umweltbundesamt stellt viele Informationen und zahlreiche Publikationen zum Thema Moore auf seiner Website bereit.
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Mehr Moorschutz durch Moorfutures

Hier finden Sie alle Informationen zu den MoorFutures-Kohlenstoffzertifikaten.
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Beratung und Coaching zum Thema Moorschutz

Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL)
Moorböden spielen eine wichtige Rolle beim Klimaschutz. Je nach Nutzung können sie Speicher oder Quelle für Treibhausgase sein. Der DVL unterstützt Akteure vor Ort, diese wichtigen Ökosysteme in ihrer Region zu schützen und zu entwickeln.
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Moorbodenschutz im Klimaschutzprogramm 2030

Moorbodenschutz als naturbasierte Lösung im Klimaschutzprogramm 2030 (2019), ein Faktenpapier zum Thema Moorklimaschutz in Deutschland.
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Klimaschutz auf Moorböden

Lösungsansätze und Best-Practice-Beispiele
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Landwirtschaft und Klimaschutz - Eine Orientierungshilfe

Die Agentur für erneuere Energien stellt in dieser Broschüre sehr gut dar, wie die Landwirtschaft in Deutschland künftig noch größere Beiträge zum Klimaschutz leisten kann.
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